Hostaria alla Tavernetta, Udine

Essen für Leib, Seele – und Herz

Es ist kein Geheimtipp, aber eine Herzenssache, wenn ich über ein Restaurant in Friaul-Julisch Venetien erzähle, das seit zwei Jahrzehnten unverändert beeindruckt. Schon am Telefon wird jeder herzlich begrüßt, und vor Ort ist der Empfang erst recht einladend. Wenn es professionelle Gastfreundschaft gibt, dann hier, bei Familie Romano, mitten in Udine, in Nachbarschaft zum schönen Dom.

Die Einrichtung strahlt echte Gediegenheit und Gemütlichkeit aus, die Dekorationen sind gerne üppig und der Jahreszeit angepasst. Weinkartons und Weinflaschen überall lustmachend verteilt, an den Wänden, auf dem Boden aufgestapelt – so sähe mein Lieblingswohnzimmer aus. Die dunklen Holztische wurden einst vielleicht aus einem Schlossfundus geholt, aber auch das ist schon länger her. Die Tischwäsche zeigt sich natürlich tadellos, die Servietten sind, so wie es sich für gute Häuser stets gehörte, mit dem Namen des Genussorts bestickt: Hostaria alla Tavernetta.

Der Junior des Hauses wirkt elegant wie ein Prinz und ist im „Business“ der Eltern fest integriert: Mit ernsthafter Miene, alles fließt …, wird das Zufriedenstellen der Gäste scheinbar mühelos abgewickelt. Auch wenn an einem ausgebuchten Mittagstermin binnen zehn Minuten alle Hungrigen zur selben Zeit kommen und demnach die Küche sicher perfekte Koordinationsarbeit leisten muss. Hut ab.

Die Speisen sind in ihrem Herzen traditionell friulanisch und dennoch komplett anders, weil immer edel und modern interpretiert. Doch – und das möchte ich schon betonen – es gibt in der Tavernetta keine Pünktchenküche.

Die Teller sind kunstvoll bestückt, aber von ihrem Inhalt wird man auch satt. Preis und Leistung sind beste Freunde. Herrliche Antipasti-Teller mit Artischocken oder Affettati oder rohem Fisch. Hausgemachte Tagliolini mit weißem Trüffel darauf, dass man die Nudeln darunter nicht mehr sieht. Die „karnische“ Variante von Mac and Cheese mit Buchweizenpasta und Almkäse. Allerlei Secondi mit Kaninchen, Gans, Hirsch, Rind, gerne mit knusprig-weicher (ja, das geht) Polenta kombiniert, schmackhafte Saucen, einfallsreiches Gemüse … apropos: es gibt einen eigenen veganen Schwerpunkt auf der Speisekarte!

Die handverlesenen Empfehlungen als „Weine des Monats“ stammen vorwiegend aus der Region, aber es gibt auch feine Tropfen etwa aus dem Piemont oder Sardinien.

Mein Favorit zum Dessert: das „verkehrte“ Haselnuss-Tiramisù, bei dem der Kaffee als Espresso erst bei Tisch darüberkommt. Ein krönendes, nicht zu süßes Finale, das mir zur Tradition geworden ist.

Überwältigend finde ich auch die Grappa-Bar, die eine ganze Kommode einnimmt. Und, bis zum Schluss, das makellose Service. Deswegen von meiner Seite, ebenso makellos: Grazie di cuore per questa bellissima ospitalità friulana.